Pastor Torsten Krause überreichte den Nonnen zum Abschied „etwas Handfestes“

„Sie hinterlassen eine große Lücke“

Karmel-Kloster auf Finkenwerder schließt die Pforten

Zuletzt waren es nur noch zwei: Rein kirchenrechtlich hätten es mindestens sechs Schwestern im kleinen Kloster der Karmelitinnen auf Finkenwerder sein müssen. Deshalb blieb nicht aus, was die meisten schon befürchtet hatten: Das Kloster muss schließen. Es liegt nun an Schwester Maria Burger und ihrer letzten verbliebenen Mitstreiterin, Schwester Miriam Sauter, am Monatsende buchstäblich das Licht auszumachen. Bevor es so weit war, verabschiedeten sich die beiden Nonnen am 11. Juni im Rahmen einer feierlichen Vesper von Finkenwerder und den zumeist protestantischen Finkenwerdern, die die Nonnen 1999 nicht nur wie selbstverständlich, sondern auch mit viel Freude an der Elbe in der katholischen Diaspora begrüßt und in ihren Reihen aufgenommen hatten. Die feierliche Vesper zelebrierte der Erzbischof Stefan Heße (55). Etwa 200 Gäste begrüßte er in der Klosterkirche St. Petrus. Die Klostervorsteherin Schwester Maria (56) bekannte, dass sie viel lieber aus anderem Anlass die Gäste aus Vereinen, Verbänden und katholischer Kirche begrüßt hätte, doch „Wat mut dat mut.“ Dabei war es eher der Zufall, oder, wie Sr. Maria es formulierte, die himmlische Fügung, die die Karmelitinnen nach Finkenwerder „verschlagen“ hatte. Pfarrer Helmut Tourneau hatte das Rentenalter erreicht und es stellte sich die Frage nach der zukünftigen Nutzung von Pfarrhaus und Kirche. Allerdings wusste er, dass die Karmelschwestern in Hainburg einen Standort außerhalb ihres Mutterhauses suchten. Großhansdorf und auch ein Haus neben dem Mariendom in St. Georg kamen nicht in die engere Wahl, aber von Finkenwerder waren die ursprünglich neun Nonnen, die den Weg in den Norden nicht scheuten, sofort begeistert. Tourneau räumte das Pastorat und kurz vor der Jahrtausendwende zogen die Ordensfrauen ein. Für diese 22 Jahre eines in Freundschaft verbundenen Miteinanders bedankte sich Schwester Maria ausdrücklich. Die Anfangsjahre waren geprägt vom Wirken der Klostervorsteherin Sr. Teresa. Sie kam beinahe auf den Tag genau vor zwei Jahren mit einer wenig ermutigenden Diagnose ins Krankenhaus, wo sie drei Tage später auch verstarb. „Sie war eine Power-Frau“ blickte der Erzbischof zurück. „Sie sind hier schnell angekommen“, hatte Heße auch aus der räumlichen Entfernung zwischen Mariendom und Finkenwerder schnell festgestellt.

„Natürlich haben hinter diesen neun Schwestern, wie im wahren Leben, ganz individuelle Geschichten gestanden, denn es menschelt auch im Kloster ‒ mit seinen Höhen und Tiefen.“ Dass Finkenwerder ein neues Zuhause für die Ordensfrauen geworden sei, sei nicht zuletzt auch ihr Verdienst gewesen, fuhr der Geistliche fort, „weil Sie von Anfang an Wert darauf gelegt haben, dazu zu gehören.“ Mehr noch: „Sie waren mittendrin in der Welt, zwischen Obstplantagen und Airbus.“ Die Folge: „In Finkenwerder redet man von ‚unseren Schwestern‘“, was man als große Anerkennung werten müsse. Nicht zuletzt sei anzuerkennen, „dass die Karmelitinnen auf ihrem geistlichen Weg nicht nur neue Türen geöff net haben, sondern mittels der „Stillen Tage im Kloster“ auch zur „geistlichen Spiritualität“, ein Angebot, das besonders nach dem Bau des Gästehauses sehr gut angenommen wurde,“ beigetragen haben „Nicht zuletzt haben die Nonnen auf diesem geistlichen Weg auch die karmelitanische Tradition in das Bistum eingebracht,“ blickte Heße zurück und betonte: „Das wird fehlen.“ Noch viel mehr bewundert er ihren Mut für die klare Entscheidung, hier aufzuhören. Sein Fazit: „Sie haben ein Experiment gemacht, das nicht schief gegangen ist. Ihre Schätze bleiben da.“ Sr. Miriam (59) machte aus ihrem Herzen keine Mördergrube und kämpfte mit ein paar Tränen. Sie wird in den Karmel Kirchzarten im Freiburgischen wechseln, Sr. Immaculata lebt bereits seit zwei Jahren im Karmel Essen und Sr. Katharina lebt augenblicklich aufgrund gesundheitlicher Probleme außerhalb des Klosters. Sr. Maria wird bis zu einer endgültigen Entscheidung zunächst in das Kloster der Franziskanerinnen in Sießen gehen. Geschuldet sei das alles letztlich dem fehlenden Nachwuchs, ein Fakt, dem sich die katholische Kirche stellen müsse, so Heße. Unter dem Strich aber sei man sich einig, dass die Karmel-Schwestern Finkenwerder und das Bistum gleichermaßen bereichert haben, ob durch ihre geistlichen Angebote, ihr Mitwirken an der Karkmess (die wie der Name es sagt, ursprünglich ein kirchliches Fest war) ‒ besonders in Erinnerungen bleiben die Bierfass- Anstiche von Sr. Teresa mit dem Kult-Masseur des HSV, Hermann Rieger, oder auch ihre Teilnahme an den Konzerten des Kulturkreises ‒ „alles neue Wege, die sie gegangen sind und uns damit bereichert haben“, stellte dann auch der Bezirksamtsleiter Ralf Neubauer fest. Deshalb müsse man schlussfolgern: „Sie hinterlassen eine große Lücke.“ Torsten Krause, Pastor der benachbarten evangelischen St. Nikolai Gemeinde, würdigte rückblickend den off enen ökumenischen Dialog (Beispiel: der ökumenische Gottesdienst auf der Karkmess), während für den Kulturkreis Ina Günther hervorhob, „dass der Karmel auf Finkenwerder zu einem festen Bezugspunkt geworden ist.“ Die Chöre „Liedertafel Harmonie“, „Froshinn“ und „Kantorei St. Nikolai“ hatten die feierliche Vesper musikalisch begleitet. Abschließend trafen sich die Anwesenden zum Abschieds-Empfang im Klostergarten. Die Kirche (mit dem sanierungsbedürftigen Turm) und die übrigen Gebäude (Ex-Pastorat und Gästehaus) gehören dem Bistum. Wie sie in Zukunft genutzt werden, konnte der Erzbischof auf RUF-Nachfrage noch nicht sagen. Die zuständige Kirchengemeinde aus Altona befi nde sich in guten Gesprächen. Mit einem neuen Kloster aber sei kaum zu rechnen, so der Erzbischof.

Text: Peter Müntz

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